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 Lieselotte, wie kam es überhaupt zu Ihrem Sprung?
Ach, den Wunsch zu springen, den habe ich schon lange, fast 16 Jahre. Und immer mal wieder habe ich den dann auch geäußert. Sobald im Fernsehen einer gesprungen ist, habe ich gesagt, das möchte ich auch mal machen.
Und dann?
Dann kam mein 80igster Geburtstag und meine 95-jährige Schwes- ter hat mir meinen Wunsch erfüllt. Am Anfang hielt sich meine Freu- de darüber ehrlich gesagt in Grenzen. In dem Moment, als ich das Geschenk aufgemacht habe, war ich platt, aber ich habe mich gar nicht richtig gefreut, weil ich dachte, jetzt kommst du nicht mehr drumherum.
Warum denken Sie, war das so?
Plötzlich hatte ich einfach Zweifel, ob das jetzt wirklich gut und richtig ist. Ich meine, mit 80 ist das ja auch nicht so etwas alltägli- ches. Aber mir war dann auch relativ schnell klar: Kneifen geht gar nicht!
Und dann war er da, der große Tag!
Oh ja, das war er! Es war ein herrlicher Tag: Sonnenschein, blauer Himmel. Meine Schwester hat mich begleitet. Sie war nervöser als ich und hat mich ständig gefragt, warum ich denn nicht aufgeregt sei. Meine Antwort darauf hat sie dann auch nicht beruhigt, denn ich habe gesagt: „Friedl, erstens springe ich nicht allein und zwei- tens runter kommen sie alle!“
Wo sind Sie denn gesprungen und wie wurden sie vor Ort betreut?
Ich bin in Bad Wörishofen gesprungen und es war einfach alles per- fekt. Ich habe mich sehr wohl gefühlt und alle Leute waren so was von nett. Die Atmosphäre war toll, alle gut gelaunt, ganz entspannt und einfach nur angenehm.
Kommen wir zum Sprung beziehungsweise die Zeit
kurz vor dem Absprung aus dem Flugzeug.
Wie haben Sie sich da gefühlt?
Super habe ich mich gefühlt. Wir sind zur Luke gerutscht und ich dachte, jetzt wird runter gezählt und dann geht’s los. Nö, wir waren schon los. Das ging alles so schnell, dass ich gar keine Zeit hatte zu überlegen, ob ich jetzt vielleicht doch nicht mehr möchte. Beim freien Fall rauscht alles in einer krassen Lautstärke an einem vorbei und es hat ganz schön in der Magengegend gegrummelt. Als dann aber die Reißleine gezogen wurde und der Fallschirm aufging, gab es einen ordentlichen Ruck und es war schlagartig ruhiger. Da konnte ich dann auch zum ersten Mal mein Umfeld wahrnehmen, die Kon- turen wurden klarer und ich habe die Aussicht genossen.
Wie war dann die Landung und das Gefühl wieder festen Boden unter den Füßen zu haben?
Die Landung war wohl wie im Bilderbuch, wie ich hinterher erfah- ren habe. Ganz sanft, ohne Probleme. Nach der Landung habe ich gedacht, großartig. Da war ich total mit mir und der Welt zufrieden. Es kam allerdings auch ein kleiner, boshafter Gedanke in mir auf, der war: Da sollen sich andere Mal ein Beispiel nehmen.
„ZWISCHENDURCH DACHTE ICH MIR, DU BIST SCHON EIN BISSCHEN MUTIG.“
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